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17. Ein Bergbauer namens Reinhold Messner

Der schmale Steinplattenweg, der zum Buschenschank Schlosswirt Juval, heißt Reinhold Messner-Sackgasse. Der Mann hat Sinn für Humor. Denn das Straßenschild, das er einst bei einem Fernseh-Quiz als Niete für eine falsche Antwort zog, kann nicht deutlicher zeigen, was viele Südtiroler von seinen Ideen halten.

Messner kann mit solchen Dingen leben und ist heftigere Anfeindungen gewohnt, wie erst unlängst wieder, als man ihm vorwarf, bei einem ersten Achttausender den Tod seines Bruders verschuldet zu haben. Auf dem „Erlebnishügel Schloss Juval“, den er vor zehn Jahren zwischen Schnalstal und Vinschgau als Agro-Öko-Zukunftsmodell entwickelt hatte, scheint ihn die Kritik eher beflügelt zu haben. „Wenn andere mir sagen, das geht nicht, reizt es mich zu beweisen: Und es geht doch!“, sagt der eigenwillige Bergfex.

Auf dem Juvaler Bergrücken probiert Messner seine Idee von der „touristischen Landwirtschaft“ aus. Vor gut zwanzig Jahren hatte er das Schloss auf dem 1000 Meter hohen Felsen, eine 1278 erbaute, trutzige Burgruine, die er sukzessive restaurierte. Heute gibt er auf Juval seinen Lebensraum zur Besichtigung frei, zeigt tibetische Messingschneelöwen, eine Figur der tanzenden Göttin Shiva, Gebetsteppiche, Flöten aus Knochen, seidene Gebetsmühlen.

Die Besucher kommen in den Tantra-Raum, die St.-Georg-Kapelle, wo die Symbole der Weltreligionen friedlich vereint sind. Sie bestaunen Messners Bibliothek, die Vorratskammer und den Alpina-Keller, in dem der Bergsteiger von Stiefeln über Schutzhelmen bis zu Haken und Seilen alles aufbewahrt, was er für seine Expeditionen braucht. „Irgendwie muss er seine Projekte ja finanzieren“, meint Otto Mair, der alle Stunde eine Gruppe durchs Schloss führt. Täglich kommen zwischen 100 bis 150 Besucher.

Unterhalb der Burg, zu der ein etwa 15 Hektar großes Hügelgebiet mit Obstbäumen und Wiesen gehört, liegt das Gehöft Oberortl. Wo vorher alles brach lag, funktioniert der Bergbauernhof jetzt wieder. „Wir nutzen altes Know-how in der heutigen Zeit“, erklärt Messner. Das bedeute keine Rückkehr zu Egge, Heugabel und Kerzenlicht. Wichtig sei, „dass wir die Produkte vor Ort produzieren und sie dadurch veredeln.“

Originalgetreu restauriert, ist Oberortls Buschenschank aus dem 15. Jahrhundert wieder in Betrieb. Die Wirtsleute Hansjörg Hofer und Bregtje Piva, die den Schlosswirt Juval gepachtet haben, arbeiten in Eigenverantwortung, müssen allerdings Messner-Kriterien erfüllen. „Ich habe mich vor acht Jahren vertraglich auf Subsistenzwirtschaft verpflichtet“, sagt Hofer. Bei ihm kommt nur Bio-Kost auf den Tisch. Gemolken wird von Hand, zum Schlachten kommt ein Metzger und verarbeitet das Fleisch direkt zu Wurst. Begleitet von seinen Berner Sennencollies Max und Moritz versorgt er nebenher auch noch die Lamas und die Pferde, die „hier mehr für die Touristen stehen“. Den Wein liefert Martin Aurich, der das verwahrloste Gehöft Unterortl 1992 zum Rebhang umbaute und jährlich 20 000 Flaschen Castel Juval produziert. Verkauft wird er an den Buschenwirt, aber auch an Schlossbesucher und Restaurants.

Wenn es um die Finanzen geht, ist Messner kein Träumer. „Wichtig ist, dass sich das Konzept allein trägt“, erklärt der Geschäftsmann. So scheint es zu sein: Wirte, Landwirt und Winzer sind mit ihrem Auskommen am Juvaler Berghügel zufrieden, mit dem naturnahen Leben erst recht.

Die meisten Gäste werden durch das Schloss angezogen, Wanderer legen hier gern eine Rast ein. Abends finden Blues-, Folk- oder Jazz-Konzerte statt, manchmal Lesungen. Und wer Lust hat, besucht das Schwitzbadl in Oberortl, Bauern-Spa mit Heu-, Steinöl- und Ziegenmilchbädern, Ganzkörper-, Fußzonenreflex- und hawaianische Tempelmassagen.

Sonntag Aktuel

© Beate Schümann

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