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Studienreise für Blinde

Brigittes Hände fliegen gierig über die marmornen Kleiderfalten. Von oben nach unten, von links nach rechts, vorn und hinten. Der Rock reicht bis zu den Knöcheln, stellt sie fest, über dem Bund eine Art Stola. Eine griechische Göttin? Ihre feingliedrigen Finger zittern ein wenig, vor Neugier. Wie glatt der Marmor, wie akkurat der Fuß gemeißelt ist! Unentwegt betastet sie die Statue, die an die 2500 Jahre alt ist, aus der Zeit des Asklepios, dem Gott der Heilkunst.

Brigitte ist blind und auf Urlaub. Sie ist als Studienreisende auf dem Peloponnes unterwegs, einer Rundreise für Blinde, Sehbehinderte und Sehende zu den Wurzeln des Abendlandes. Die Gruppe zählt 22 Teilnehmer, darunter die sehenden Begleiter. Kurt, Brigittes Mann, führt ihre Hand zur Skulptur. Dann erkundet sie allein. Gesichter faszinieren sie am meisten, Muskelpartien fesseln sie und Füße in Sandalen. Die Berlinerin verlor ihr Augenlicht im Alter von sieben Jahren infolge einer unerkannten Infektion. "Die Reisen suche ich mir in Blindenzeitungen oder am Computer raus", sagt sie. Bis zur Frühpensionierung war sie als Programmiererin tätig. Seitdem will die Reiselustige noch mehr von der Welt sehen, genauer gesagt be-greifen. In Epidaurus ist eines der griechischen Museen, die bei sehbehinderten Menschen eine Ausnahme machen: Sie dürfen, was Sehenden ausdrücklich verboten ist - die Schätze der Antike anfassen. Denn Blinde sehen durch ihre Hände.


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